Canberra

8. November 2017

Canberra ist die Hauptstadt von Australien und mit knapp 100 Jahren eine sehr junge Stadt. Damals konnte man sich nicht einigen, ob Sydney oder Melbourne die Hauptstadt von Australien werden sollte. Und bevor der Streit eskalierte, entschied man sich einfach mitten im Nirgendwo eine Hauptstadt zu bauen. So entstand Canberra auf dem Reißbrett. Den Zuschlag bekam der amerikanische Architekt Walter Burley Griffin. Die Bauarbeiten begannen 1913. 1927 erhielt die Stadt den Status einer Hauptstadt.

Das Canberra so jung ist, lässt sich kaum verbergen. Es gibt quasi keine alten Gebäude. Alles wirkt „modern“, perfekt geplant und umgesetzt, irgendwie steril. Aber auch faszinierend. Wie eine Stadt aus einem Science-Fiction Film. Einfache, moderne Gebäude, schön nebeneinander aufgereiht. Akkurat angelegt Parks, überall Regierungs- und Verwaltungsgebäude, keine wirklichen individuellen Stadtbezirke und das alles eingerahmt vom australischen Outback. Canberra wurde nämlich mitten in die Pampa gebaut und daher kann es sein, dass über die wild verschlungenen mehrspurigen Autobahnen auch mal Kängurus hüpfen oder man, wenn man von einem Stadtteil in den nächsten fährt, um sich herum nur Dschungel sieht. Das wirkt sehr speziell, aber auch total interessant. Wir steuern zuerst einmal die Nationalbibliothek an, die durch ihre schiere Größe sehr beeindruckend ist. Und auch von innen kann sie viel. Sehr modern, edel und technisch auf dem neusten Stand.

Was in Canberra allerdings sehr schwierig bzw. teuer ist, ist die Suche nach einem Platz für den Camper. Freie Plätze liegen weit außerhalb und die in der Stadt sind, man kann es sich denken, unverschämt teuer. Wir finden schließlich einen scheinbar günstigen Platzt, ca. 20 Minuten von Canberra entfernt und machen uns gegen Abend auf den Weg dorthin. Die Fahrt ist sehr schön, die bergige Gegend sieht toll aus. Als wir an dem Platz ankommen, erleben wir aber eine böse Überraschung. Der Preis ist drei Mal höher, als es in unserer Camper-App angekündigt war und hat zudem auch nicht den angepriesenen Stromanschluss und die Duschen. Ärgerlich. Zähneknirschend drehen wir um und lassen die schöne Landschaft hinter uns. Wir finden schließlich einen Platz auf einem Campingplatz mitten in Canberra. Nur unwesentlich teuer als der, an dem wir vorher waren, aber dafür mit Strom, sanitären Anlagen und nahe zur Stadt und den Sehenswürdigkeiten, die wir am nächsten Tag anschauen wollen. Zwar sind wir fast eine Stunde umsonst in der Gegend rumgefahren, aber immerhin war die Landschaft schön und so ist es im Nachhinein gar nicht so schlimm.

Der Campingplatz ist witzig, denn er ist Teil eines riesigen Veranstaltungsgeländes, auf dem meist Pferderennen stattfinden. Man kommt sich daher etwas verloren vor. Alleine die Fahrt vom Platz zur Verwaltung des Campingplatzes, dauert knapp 5 Minuten. Eben mal zu Fuß dort hinlaufen ist daher nicht so einfach. Wir fahren am nächsten Morgen zur Verwaltung, bezahlen den Platz und lassen uns noch einige tolle Tipps für Canberra geben. Natürlich wird uns das War Memorial sehr ans Herz gelegt. Wir überlegen zuerst, ob wir uns schon wieder sowas anschauen wollen, doch da so viele davon geschwärmt haben und es zudem kostenlos ist, beschließen wir dem ganzen Mal eine Chance zu geben.

Wir kommen also am späteren Vormittag am War Memorial an. Das es groß ist, wurde im Vorfeld von einigen Australiern schon angedeutet. Aber was wir dann zu sehen bekommen, geht eher in die Richtung Gigantisch. Ein riesiges Gebäude, aufwändig gestaltet und eingerahmt von weitläufigen Parkanlagen. Zum Eingang führt eine große Treppe von der man, wenn man dem War Memorial den Rücken zukehrt, einen freien Blick über eine schier ewig lange Straße hat, die für Paraden und Feiern genutzt wird.

Um das Gebäude herum sind allerlei Statuen und Kriegsgerät aufgebaut. Panzer, Haubitzen, Artillerie und sogar die komplette Brücke eines Kriegsschiffes. Alle paar Meter sind Gedenktafeln zu Ehren der australischen Soldaten.

Im Inneren des War Memorial, kommt man zuerst in eine Art Innenhof mit großen Messingtaffeln, zwischen denen tausende Mohnblumen befestigt sind. Auf den Tafeln sind die Namen aller australischen Soldaten zu lesen, die jemals in einem Konflikt oder bei Hilfseinsätzen ums Leben gekommen sind. Es sind Zehntausende, die meisten davon kamen im 1. Weltkrieg ums Leben.

Am Kopfende des Hofs ist eine hohe Halle mit tollen Zeichnungen und einer minimalistischen Gedenktafel in der Mitte. Hier herrscht Stille, wenn man mal von den leise gurrenden Tauben absieht, die sich ganz oben in der Kuppel der Halle niedergelassen haben.

Zwar haben wir in den letzten Wochen genug von Krieg und Soldaten gesehen, doch das War Memorial in Canberra ist noch einmal eine ganz andere Liga. Es ist nämlich gleichzeitig auch eines der authentischsten Museen weltweit. Von außen kaum zu erkennen, verbirgt sich im inneren eine riesige Sammlung an militärhistorischen Gegenständen.

Sogar komplette Flugzeuge sind aufgebaut. Man kann sich tausende Ausstellungsstücke anschauen, alle original und authentisch. Zudem ist die Ausstellung interaktiv gestaltet. Zahlreiche Bildschirme mit Touchfunktion laden die Besucher ein, die Militärgeschichte von Australien (und der Welt) zu entdecken.

Dabei geht es aber nicht nur um Krieg und Soldaten, sondern auch um die Tatsache, wie zerbrechlich der Frieden auf dieser Welt war, ist und immer sein wird und wie leidenschaftlich und aufopferungsvoll sich Menschen auf jedem Kontinent dafür einsetzen. Das War Memorial will nicht einfach nur Soldaten verehren, sondern die kommenden Generationen ermahnen. Zahlreiche Guides führen daher Schulklassen und Touristen durch die Räumlichkeiten, erklären ihnen detailliert was es zu sehen gibt und geben ihnen einen Einblick in die sensible Thematik von Krieg und Frieden.

Wir staunen nicht schlecht, als wir am Ende unserer Tour auf einer originalen Brücke eines Kriegsschiffes stehen. Diese wurde nach der Stilllegung einfach komplett abgebaut und im Museum wieder aufgebaut. In einer Halle daneben kann man riesige Flugzeuge bestaunen. Auch wenn man mit der Thematik an sich nicht so viel anfangen kann, wie das bei uns der Fall ist, sind wir schwer beeindruckt von dem Aufwand der hier betrieben wurde und der Detailverliebtheit, die man überall vorfindet.

Nach einigen Stunden verlassen wir das War Memorial. Ein Besuch der sich gelohnt hat, der kostenlos ist und den wir jedem ans Herz legen, der einmal in Canberra ist. Nun haben wir aber endgültig genug von Kriegsdenkmälern und Museen und fahren mit unserem Camper erst mal auf den Hausberg von Canberra, von dem man einen tollen Blick über die Stadt haben soll. Die Sonne brennt schon wieder und gerade hier im Landesinneren, wo man nicht den kühlenden Wind des Meeres hat, spürt man die Hitze sehr deutlich. Auf dem Berg angekommen, bewundern wir eine grandiose 270 Grad Aussicht über Canberra. Umringt von dutzenden Schulkindern, die anscheinend einen Ausflug machen, schießen wir Fotos, Ben macht ein paar Zeitraffer und genießen das schöne Wetter.

So langsam neigt sich der Tag schon wieder dem Ende zu und wir statten noch dem alten und neuen Parlament von Australien einen Besuch ab, wobei wir das alte Gebäude nur von außen sehen. Das Neue schauen wir uns auch von innen an. Auch in die Sitzungssäle kann man einen Blick werfen. Erinnert so ein bisschen an das Parlament aus England. Klar, gehört ja auch alles irgendwie zusammen.

Danach drehen wir noch eine kleine Runde durch die Stadt und lassen noch mal das ungewöhnliche Flair auf uns wirken. Dann geht es weiter Richtung Osten. Unser nächster Stopp wir Batemans Bay an der Ostküste sein. Von da wollen wir uns dann Richtung Sydney bewegen, wo wir in ein paar Tagen unseren Camper leider schon wieder abgeben werden.

Da die Sonne schon sehr tief steht und wir keine Lust haben bei Dunkelheit zu fahren, suchen wir uns einen kleinen Parkplatz nahe der Straße und ca. 30 Minuten von Canberra entfernt. Er liegt direkt neben einem Naturschutzgebiet und so beschließen wir den Abend mit einem ruhigen Spaziergang ausklingen zu lassen. Wir sind mittlerweile in Wombat-Gebiet und natürlich hoffen wir, dass wir die äußerst scheuen Tiere in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. Wombats sind kompakt, stämmig und unglaublich putzig. Sie sehen so ein bisschen aus wie eine Mischung aus Schwein und Koala und tatsächlich sind sie mit letzteren auch verwandt. In einem Wildpark haben wir ja bereits welche gesehen, doch nach dem wir nun schon so viele Tiere in der freien Natur gesehen haben, wäre so ein Wombat auch toll. Das wird allerdings schwierig, denn sie sind zum einen fast nur Nachtaktiv und zum anderen extrem scheu und daher schwer zu sehen. Deshalb bleibt es auch erst Mal bei ein paar Hasen und Kängurus. Immerhin bekommen wir zahlreiche Wombat-Höhlen zu Gesicht, denn die süßen Tierchen können sehr gut graben und buddeln sich daher ihren Bau tief in die Erde.

Als wir so durch den Wald spazieren, entdeckt Karen auf einmal eine Bewegung. Ist das ein Wombat? Wir bleiben stehen und beobachten die Stelle und tatsächlich. Auf einmal huscht ein Wombat aus dem Gras Richtung Höhle und präsentiert sich dabei in seiner ganzen goldigen Pracht. Wie schön, der Spaziergang hat sich gelohnt.

Am nächsten Morgen geht es Richtung Batemans Bay. Wir sind immer noch ganz aufgeregt wegen unserer Wombat-Sichtung und während wir losfahren reden wir noch darüber, dass wir hoffentlich keine überfahrenen Wombats sehen werden. Kaum gesagt, geht es auch schon los. Den ganzen Weg an die Ostküste sehen wir dutzende tote Wombats. Hätten wir bloß nichts gesagt. Aber das hätte das auch nicht verhindert. Da die Straßen in Australien nur selten auf Raser kontrolliert werden, fahren die Autos (und besonders die LKWs) grundsätzlich mit überhöhter Geschwindigkeit. Wenn dann ein Wombat über die Straße wackelt, hat er kaum eine Chance zu entkommen. Da sie so kompakt und stark gebaut sind, sieht man auch kaum Verletzungen. Meist sieht es so aus, als würden sie einfach am Straßenrand schlafen. Tote Tiere am Straßenrand sind in Australien ganz normal. Wir haben schon hunderte gesehen. Trotzdem schmerzt es immer wieder aufs Neue.

Bevor wir an der Ostküste ankommen, überqueren wir noch ein ziemlich waldiges Gebirge. Fast eine Stunde geht es kurvenreich bergauf und bergab, umgeben von steilen Felswänden und dichten Wäldern. Schließlich kommen wir an der Ostküste an, besser gesagt in Batemans Bay. Die letzten Tage mit unserem Camper sind angebrochen.

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Impressionen aus Canberra:

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