Querfeldein Richtung Canberra

4. November 2017

Die Great Ocean Road hat uns in ziemlich hoher Taktfrequenz immer wieder zum Staunen gebracht. Ja, es ist sehr touristisch dort. Aber es ist auch eine Aneinanderreihung von großartigen Highlights, die man unbedingt gesehen haben muss. Wir fragen uns, was danach denn noch kommen kann, denn es fühlt sich so an als hätte sich Australien auf der Great Ocean Road von seiner spektakulärsten Seite gezeigt. Dieses wunderbare Land wird uns aber noch viele weitere Male verzaubern, was uns auf dem nächsten Abschnitt unseres Trips bald wieder klar wird. Doch dieser beginnt leider auch mit einem sehr traurigen Erlebnis. Dazu später mehr.

Nach dem wir einen kurzen Zwischenstopp in Geelong gemacht und dort die preisgekrönte Bibliothek bestaunt haben, fahren wir weiter Richtung Melbourne. Dort wollen wir eigentlich die Oma von Adele besuchen. Sie und ihren Mann Billy haben wir in Südamerika kennengelernt und ein paar lustige Tage zusammen verbracht. Die beiden kommen aus Cairns, doch Adeles Oma, die aus Österreich stammt und daher auch Deutsch spricht, lebt in Melbourne. Sie ist bereits über 90 Jahre alt, aber immer noch gut in Schuss. Das merken wir auch direkt, denn anscheinend ist sie ständig auf Achse. Leider erreichen wir sie telefonisch nicht und da die Zeit etwas drängt entscheiden wir uns schweren Herzens weiter zu fahren.

Die kommenden Tage werden wir uns ins Landesinnere vorarbeiten und dort einige Städte abklappern, bevor wir dann in der Hauptstadt Canberra ankommen werden. Von dort aus sind es nur noch 1-2 Stunden bis zur Ostküste. Da wir die letzten Wochen viel Meer und Küste hatten, freuen wir uns nun auf weite Landschaften, mal hügelig, mal flach, aber garantiert immer abenteuerlich. Bevor wir unser Nachtlager aufschlagen, wollen wir noch den „Hanging Rocks“ einen Besuch abstatten. Auf sie sind wir durch ein Schild am Straßenrand aufmerksam geworden und da es noch recht früh ist und die Sonne scheint, entscheiden wir uns spontan diese Sehenswürdigkeit abzuchecken. Dumm nur, dass dort an diesem Wochenende mehrere Konzerte stattfinden, was wir erst merken als wir mitten in einem dicken Stau stehen. Super Timing. Also entscheiden wir uns umzukehren und stehen dann auf Grund eines Unfalls im nächsten Stau. Läuft mal wieder. Zumindest ist die Landschaft schön. Muss reichen.

Wir steuern einen Parkplatz in der Nähe der kleinen Stadt „Carlsruhe“ an. Zufälle gibt’s 😉 Auf dem Parkplatz angekommen genießen wir die letzten Sonnenstrahlen. Ben fliegt noch etwas mit seiner Drohne und dann kuscheln wir uns in unseren Camper. Die letzten Nächte waren ziemlich kühl und wir sind froh, dass wir nicht in einem Zelt oder dem Kofferraum eines Autos übernachten müssen, so wie wir es bei anderen Reisenden immer wieder sehen. Kann bestimmt auch witzig sein, aber dann eher bei sommerlichen Temperaturen. Die haben wir tagesüber dafür zum Glück immer häufiger.

Auch am nächsten Morgen empfängt uns die Sonne wieder mit einem wunderbaren Strahlen. Bevor es weitergeht, lässt sich Karen zu ein paar „Proberunden“ mit dem Camper überreden, denn sie kann (oder will) ja eigentlich keine Autos mit manueller Schaltung fahren. Dafür stellt sie sich dann aber überraschend gut an. Der Mut für die Fahrt auf richtigen Straßen ist allerdings nicht da und daher übergibt sie das Steuer wieder an Ben. Als wir den Parkplatz verlassen ist uns noch nicht klar, dass wir gleich ziemlich geschockt sein werden.

Nach kurzer Zeit auf dem Highway, entdecken wir in einiger Entfernung auf der anderen Straßenseite auf einmal ein ziemliches Gewusel. Da steht ein großer Helikopter, der anscheinend zu einem Unfall gerufen wurde. Nur drehen sich die Rotoren gar nicht, er steht einfach nur da. Wir unterhalten uns noch darüber, dass die doch eigentlich direkt losfliegen sollten, als wir sehen was da passiert ist. Auf der anderen Straßenseite erspähen wir zuerst ein demoliertes Motorrad, dass mitten auf der Straße liegt. Kurz dahinter sehen wir einen leblosen Körper, abgedeckt mit einem weißen Tuch. Nur ein Arm und ein Bein schauen darunter hervor.  Auf einmal wird uns ganz anders. Der Helikopter steht da einfach so, weil es niemanden mehr gibt den er ins Krankhaus bringen kann. Der Mann unter der Plane ist bei dem Unfall ums Leben gekommen und dies aus nächster Nähe zu erfahren, schockt uns sehr. Erst einmal herrscht Stille. Wir starren beide auf die Fahrbahn und versuchen zu verarbeiten, was wir gerade gesehen haben. Da machen es die unzähligen toten Kängurus auf und neben der Straße (teilweise aufs Schlimmste zerschmettert) auch nicht gerade besser. Im Gegenteil. Irgendwie beginnt der Tag mit jeder Menge Tod. Die nächsten Tage wird uns dieses Erlebnis immer wieder beschäftigen. Später erfahren wir durch eine Polizeimeldung, dass es sich bei dem Toten um einen 62 jährigen Motorradfahrer handelt, der mit einem Känguru zusammengeprallt ist. Wie schnell alles vorbei sein kann. Ein Wimpernschlag und man liegt auf dem Asphalt. Eine traurige Vorstellung.

Mit einem mulmigen Gefühl kommen wir in Bendigo an und informieren uns dort erst einmal über die örtlichen Sehenswürdigkeiten. Die Stadt ist, wie viele andere in dieser Region, für seine Goldvorkommen bekannt und da liegt es natürlich nahe, dass wir uns eine Tour durch eine Goldmine gönnen. Um etwas Geld zu sparen kaufen wir uns ein Kombiticket, das uns Zugang zu vielen verschiedenen Sehenswürdigkeiten in Bendigo bietet. Wir entscheiden uns für das chinesische Museum, die Goldmine und einer Fahrt durch die Stadt mit der alten Tram. Auf dem Weg zum Museum bekommen wir schon die ersten Eindrücke von Bendigo. Durchaus ein hübsches Städtchen.

Das chinesische Museum erzählt die Geschichte der unzähligen chinesischen Einwanderer, die wegen des Goldrausches nach Australien gekommen sind. Sie hatten es nicht leicht am Anfang, wurden ausgegrenzt und ausgebeutet. Doch mittlerweile haben sie einen festen Platz in der Geschichte des Landes. Das Museum bietet zahlreiche Exponate, ist sehr detailliert und liebevoll gestaltet. Es gibt so viel zu sehen, dass man alleine dafür schon einen halben Tag braucht. Wir beschränken unseren Besuch allerdings auf eine Stunde.

Weiter geht es zur  „Central-Deborah Goldmine“. Es handelt sich dabei um eine von 1929 bis 1954 betriebene Goldmine, in der die Arbeiter unter schwersten Bedingungen fast eine Tonne Gold aus dem Berg gesprengt haben. Das Gestein unter dem großen Förderturm ist durchzogen mit hunderten Kilometer langen Gängen.

Man kann verschiedene Touren buchen. Die spektakulärste bringt die Besucher auf 230 Meter Tiefe. Das wäre schon was, ist aber leider zu teuer für uns. Daher nehmen wir die Standardtour, die uns auf 90 Meter bringt. Auch schon ziemlich gut.

Die Tour macht Spaß. Man bekommt einen Helm inklusive Lampe und ab geht´s mit dem Guide in einem großen Fahrstuhl hinab in die Tiefe. Dort drehen wir eine Runde durch verschiedene Gänge, bekommen alles genau erklärt und erhalten einen ziemlich authentischen Eindruck davon, wie anstrengend und zermürbend die Arbeit hier unten gewesen sein muss.

Der Fels ist massiv, die Sprengungen mussten daher gewaltig sein. Dies setzte der Gesundheit der Bergarbeiter sehr zu. Viel von ihnen erreichten das 40. Lebensjahr nicht. Dafür war die Arbeit außergewöhnlich gut bezahlt. Mittlerweile ist der Goldabbau in Bendigo stark modernisiert und voll automatisiert. Maschinen erledigen die schwere Arbeit, doch anstrengend ist es tief unter der Erde für die Arbeiter trotzdem noch. Es bleibt ein harter Job.

Nach der tollen Führung schauen wir uns noch etwas den Oberflächenteil der Mine an, sowie das dazugehörige Museum.

Dann geht es direkt in die historische Tram, die uns einmal durch die Stadt kutschiert. Da wir ziemlich erschöpft sind, tut uns die Spazierfahrt gut und wir lehnen uns einfach nur zurück und betrachten die Umgebung. Bendigo ist eine schöne Stadt, mit vielen historischen Häusern. Es wirkt ein bisschen wie eine Stadt aus einem Western. Kein Wunder, waren hier ja auch tausende Goldgräber am Werk.

Nach der Rundfahrt machen wir uns auf Richtung Echuca. Auf halber Strecke suchen wir uns einen geeigneten Platz zum übernachten und entdecken in unserer Camper-App einen freien Campingplatz, der von Reisenden sehr empfohlen wird. Als wir dort ankommen staunen wir allerdings nicht schlecht. Hunderte Wohnwägen und Wohnmobile haben sich hier breit gemacht. Wir sind verwirrt. Wo kommen die denn alle her? Da fällt uns ein, dass an dem kommenden Montag ein Feiertag ist, der „Melbourne Cup“. Dabei handelt es sich um ein großes Pferderennen und viele Australier nutzen das verlängerte Wochenende, und unternehmen etwas mit Freunden und Familie. Bevorzugte Aktivität: Campen. Irgendwie ist das witzig, denn waren wir sonst oft recht alleine an den freien Campingplätzen, müssen wir uns jetzt den Platz mit vielen gut gelaunten Australiern teilen. Kein Problem.

Wir schlendern etwas über den Campingplatz und an dem nebenliegenden wunderschönen Murray River entlang und verfolgen gespannt das Treiben um uns herum.

Am nächsten Tag geht es weiter nach Echuca. Auch hier sieht es aus wie in einer Western-Stadt. Auf Grund des Feiertags ist auch hier viel los. Wir beschließen den Tag mit einer kleinen Stadtbesichtigung zu verbringen. An dem Fluss der durch die Stadt führt, kann man ein historisches Dorf besichtigen und eine Runde mit einem alten Dampfschiff drehen.

Wir schauen uns das aber vom Ufer aus an und schlendern stattdessen lieber noch etwas durch den nahegelegenen Park. Die vielen Aktivitäten der letzten Tage haben uns etwas erschöpft, weshalb uns nicht so der Sinn nach noch mehr Unternehmungen steht. Also beschließen wir die restliche Strecke nach Canberra vor allem die Natur und die Ruhe zu genießen und das funktioniert sehr gut.

Unser nächstes Nachtlager ist wieder am Murray River. Es liegt allerdings etwas abgelegen und nach einer sehr holprigen Fahrt durch den Wald, mit dutzende Schlaglöcher und jeder Menge Staub, teilen wir uns den Platz wieder mit vielen australischen Campern. Der Platz am Fluss ist wunderbar und nach einem kleinen Spaziergang genießen wir die letzten Sonnenstrahlen.

Den nächsten Tag verbringen wir in Albury, wo wir allerdings nur die Bibliothek zu Gesicht bekommen. Wir wollen unser Fotoarchiv mal wieder auf den neusten Stand bringen, E-Mails beantworten und die elektronischen Geräte aufladen. Wie fast überall in Australien, ist auch in Albury die Bibliothek wieder sehr modern und gemütlich. Als nächster großer Stopp steht am kommenden Tag dann Canberra an.

Aber zuerst suchen wir uns wieder ein Nachtlager. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem skurrilen riesigen See vorbei, in dem tausende abgestorbene Bäume stehen. Zeit für ein paar Fotos und Luftaufnahmen.

Schließlich finden wir einen grandiosen Parkplatz bei Woomargama. Super modern und gepflegt, mit Toilette und BBQ. Die Sonne scheint und es ist bestes Grillwetter. Also nutzen wir zum ersten Mal eine der öffentlichen BBQs. Super lecker, das hätten wir schon früher machen sollen.

Da es an dem Parkplatz auch einen Wasserhahn mit Trinkwasser gibt, füllen wir unseren Wassertank auf. Allerdings ist der Hahn sehr weit von unserem Camper entfernt. Also müssen wir etwas improvisieren und so nutzen wir leere Trinkflaschen um den Tank zu befüllen. Dauert zwar etwas länger, aber funktioniert.

Und natürlich lassen wir uns auch die Gelegenheit nicht entgehen, einen Blick von oben auf die tolle Landschaft zu werfen.

Am nächsten Tag stoppen wir noch kurz in dem kleinen Ort Holbrook, in dem ein riesiger Nachbau eines U-Boots steht. Weit und breit kein Meer, das ist etwas seltsam. Wir erfahren schließlich, dass der Ort vor dem 1. Weltkrieg „Germanton“ hieß, da sich hier deutsche Siedler niedergelassen hatten. Nach Ausbruch des Krieges waren die Deutschen aber eher so semibeliebt, weshalb der Ort umbenannt werden sollte. Es standen mehrere Vorschläge zur Auswahl. Schließlich wurde der Name von einem der bekanntesten U-Boot Kapitäne ausgewählt. Lt. Norman Douglas Holbrook. Und da man ja in Australien stolz auf seine Kriegshelden ist, hat das Dorf sich auf U-Boote „spezialisiert“. Es gibt ein U-Boot-Museum, ein U-Boot-Café und eben den Nachbau eines U-Boots. Sonst gibt es hier nichts. Irgendwie witzig.

Weiter geht es nach Canberra, eine Stadt die auf uns einen ziemlich skurrilen Eindruck macht. Aber dazu im nächsten Bericht mehr.

—————

Impressionen von der Fahrt nach Canberra:

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Go top