Am nächsten Morgen stehen wir mal wieder sehr früh auf, denn wir wollen uns den Sonnenaufgang anschauen. Dafür haben wir die perfekte Position und so sitzen wir da, vor uns das Meer, noch weiter vorne der Horizont in vielen verschiedenen Farben und die Sonne, die sich langsam ihren Weg nach oben bahnt. Es sieht toll aus und wir erkunden noch etwas den Strand, bevor wir nach einem kurzen Frühstück Richtung Dunedin fahren.
Dunedin wird von Ben außerdem fälschlicherweise, aber natürlich mit voller Absicht, immer wie Tuned-In ausgesprochen. Das wird irgendwann zu einem Running-Gag, den aber natürlich nur wir verstehen und schon gar nicht die Einheimischen. Die Stadt selbst ist ziemlich dicht bebaut und sehr hügelig. Viele Häuser stehen in sehr steilen Straßen und da verwundert es auch nicht, dass sich in Dunedin die steilste Straße der Welt befindet, die Baldwin Street. Auf die haben wir es abgesehen. Der Weg dorthin führt mitten durch die Stadt, die zumindest beim vorbei fahren einen schönen Eindruck macht. Wir haben hier keinen längeren Aufenthalt geplant, also muss die kleine Sightseeing Tour mit dem Camper ausreichen.
Zu unserer Freude finden wir einen Parkplatz direkt bei der Baldwin Street. In der Straße selbst will man nicht parken, schon gar nicht mit einem Camper. Als wir dann am Fuße der Straße stehen merken wir sofort, dass der Titel „steilste Straße der Welt“ auf jeden Fall verdient ist.
Mehrere hundert Meter schießt die Straße nach oben. So steil, dass einem alleine beim Anblick schon der Schweiß auf der Stirn steht und der Muskelkater in den Waden sich bemerkbar macht. Aber natürlich wollen wir uns nicht lumpen lassen und so nehmen wir den Aufstieg in Angriff. Hier bekommt der Satz „steil gehen“ eine ganz neue Bedeutung.
Es ist ziemlich witzig, wie schief die Autos an der Straße stehen. Zumindest im unteren Viertel, denn ab dann wird es zu steil. Zusammen mit uns quälen sich auch zahlreiche andere Touristen den Berg hinauf. Auf den Fotos kommt die Steigung oft gar nicht so gut zur Geltung. Daher haben wir hier noch ein kleines Video zur Veranschaulichung gemacht.
Nachdem wir die steilste Straße der Welt erklommen und bewundert haben, geht es wieder bergab und mit dem Camper Richtung „Tunnel Beach Track“. Dies ist ein kleiner Wanderpfad entlang eines eindrucksvollen Strandes mit tollen Klippen und schönem Blick auf das Meer. Auch hier geht es wieder steil bergab und später bergauf.
Die Klippen sehen toll aus. Sie ragen weit ins Wasser hinein, es gibt einen Bogen, den das Meer in den Stein gefressen hat und jede Menge toller Aussichten in alle Richtungen.
Durch einen schmalen Tunnel kommt man zu einem hübschen Strand, der eingerahmt ist von gigantischen Felswänden.
Wir genießen die Umgebung eine Weile und machen uns dann auf den Rückweg, denn unsere Weiterfahrt nach Oamaru steht an. Davor wollen wir noch den Moeraki Boulders einen Besuch abstatten.
Die Fahrt dort hin dauert nicht lange und kaum sind wir in den Camper eingestiegen, springen wir auch schon wieder raus. Bei den Moeraki Boulders handelt es sich um witzige runde Steine, die am Strand und im Meer liegen. Manche von ihnen sind schon etwas zerfallen, aber andere noch sehr gut erhalten. Sie sehen aus wie gigantische Kugeln, einige haben sogar das Muster eines Fußballs. Leider ist der Strand ziemlich mit Touristen überlaufen, was uns aber nicht daran hindert ein paar witzige Bilder zu machen.
Danach geht es weiter nach Oamaru. Die kleine Stadt ist vor allem für die großen Kolonie von blauen Pinguinen bekannt. Das sind die kleinsten Pinguine der Welt. Außerdem gibt es dort noch ein Steampunk Museum und das hübsche historische Hafenviertel kann sich auch sehen lassen. Das muss aber erst mal alles bis zum nächsten Tag warten, denn es ist zu spät um noch etwas zu unternehmen. Also nächtigen wir etwas außerhalb am Meer bei leichtem Sturm und zusammen mit einem Wanderzirkus und gefühlten 1.000 Möwen.
Am nächsten Tag geht es dann wieder nach Oamaru, wo wir uns zuerst für den Besuch des Steampunk Museums entscheiden. Hier ein kurzer Exkurs zum Thema Steampunk:
Dabei handelt es sich um eine Kunstform/kulturelle Bewegung/Subkultur die futuristische Elemente mit Materialien des viktorianischen Zeitalters verbindet, wodurch eine Art Retro-Look entsteht. Die Gebilde, Kostüme und Kunstwerke können dabei ziemlich bizarre Ausmaße annehmen. Einige Beispiele für Werke mit Steampunk Einfluss sind die Filme Wild Wild West, In 80 Tagen um die Welt oder auch Mad Max: Fury Road. Auch das bekannte Computerspiel Bioshock setzt auf Steampunk, ebenso wie das große Elektrofestival Tomorrowland. Es ist also keineswegs irgendeine kleine Randerscheinung, sondern hat einen festen Stand in der Kreativszene.
Das Museum ist in einem riesigen alten Fabrikgebäude untergebracht und da passt es super hin. Schon vor dem Eingang findet man abgefahrene Konstruktionen, wie eine Eisenbahn, einen Zeppelin und zahlreiche andere skurrile Automaten. Im Gebäude selbst geht es dann direkt so weiter. Überall findet man mit viel Liebe und Kreativität zusammengestellte Objekte, Figuren, Kostüme und sogar eine Orgel auf der man als Besucher selbst spielen kann.
Ein Highlight ist das Portal, ein Raum der einen in eine andere Welt schickt.
Mit dutzenden Spiegeln und hunderten Lichtern wird hier eine futuristische und meditative Atmosphäre erzeugt. Melodische Musik tut ihr übriges. Wir finden das so toll, dass wir es direkt zwei Mal machen.
Im Hinterhof findet man dann die ganzen Bauten, die nicht in das Gebäude passen. Ein Zugabteil, Traktoren, ein gigantisches Motorrad und sogar eine Rakete. Es ist wirklich abgefahren und gefällt uns sehr gut.
Am Ende verkleiden wir uns noch im Steampunk-Stil und lassen uns fotografieren. Mit Kostümen kriegt man uns immer rum.
Danach wollen wir eigentlich noch die Pinguinkolonie anschauen, doch als wir sehen wie teuer das Ganze ist und das man dabei nicht mal Fotos machen darf (nicht einmal lautlos mit dem Handy) entscheiden wir uns dagegen und hoffen, dass wir vielleicht noch woanders die süßen Pinguine zu Gesicht bekommen. So verbringen wir den Rest des Tages mit einem Spaziergang durch Oamaru, einem Abstecher in die Bibliothek um die Akkus unserer Laptops und Kameras aufzuladen und mit Wäsche waschen.
Apropos Bibliotheken. Die findet man in fast jeder Stadt und sie bieten hervorragende Möglichkeiten Strom zu tanken, sich in Ruhe mit seinem Laptop zu beschäftigen und im Internet zu surfen. Für uns in jeder Stadt mittlerweile Pflichtprogramm.
Am Abend fahren wir dann weiter nach Timaru. Die Stadt liegt ca. 1 Stunde Autofahrt von Oamaru entfernt. Hier wollen wir einen Tag verbringen, wissen aber noch nicht was genau wir eigentlich machen werden und beschließen daher uns am nächsten Tag inspirieren zu lassen.
Der Tag beginnt wieder mit einem kurzen Abstecher in die örtliche Bibliothek, da Ben ein paar geschäftliche Dinge erledigen muss. Dann geht es zum botanischen Garten und bei einem kleinen Spaziergang zum nahegelegenen Strand. Ein kurzer Blick in die Top 10 Sehenswürdigkeiten in Timaru zeigt uns, dass es wie immer viele Museen und Wanderwege gibt, uns ist aber diesmal nach etwas Anderem. Und so sind wir richtig crazy und abenteuerlustig und besuchen einen Streichelzoo. Was sich erst einmal witzig anhört, entpuppt sich als wunderbar entschleunigendes Erlebnis.
Es gibt Schafe mit Lämmern, Ziegen, Alpacas, lustige Schweine, jede Menge Federvieh, Ponys, Kälber und Nager. Jede Menge süße Tiere, Familien mit kleinen Kindern und wir mitten drin.
Was für ein wunderbar entspannter Tag. Außerdem bekommen wir von dem Besitzer einen wertvollen Tipp. Er sagt uns, dass wir nach Sonnenuntergang unbedingt noch einmal an den Strand von Timaru gehen sollen. Wenn wir Glück haben, dann sehen wir dort die kleinen blauen Pinguine, die nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Wasser kommen und zu ihren Nestern watscheln.
Wir sind total aufgeregt, weil wir vielleicht doch noch Pinguine zu sehen bekommen. Zurück am Strand von Timaru laufen wir den Bereich ab, an dem die Pinguine zu sehen sei sollen. Eine Einheimische entdeckt uns und fragt, ob wir wegen den Pinguinen hier sind. Sie empfiehlt uns, noch etwas länger zu warten. Meistens kommen sie wenn es schon komplett dunkel ist. Also warten wir in unserem Camper. Als wir 1,5 Stunden später zurück kommen, sind zahlreiche Menschen an der Straße oberhalb des Strandes. Sie alle warten auf die Pinguine. Na toll…wir dachten das ist ein Geheimtipp. Egal, wir stellen uns erwartungsvoll dazu und beobachten den Strand. Aber nichts passiert. Da es recht frisch ist und keine Pinguine zu sehen sind, wird die Gruppe langsam immer kleiner und nach 30 Minuten stehen nur noch wir beide, ein sehr gesprächiger Einheimischer, der uns fast ein Ohr abkaut und zwei asiatische Mädels am Strand. Wir sind schon kurz davor die Hoffnung aufzugeben, da entdeckt Karen auf einmal eine Bewegung im Wasser.
Da es schon so dunkel ist wissen wir nicht, ob es nur eine Welle war oder tatsächlich ein Pinguin. Wir starren also in die Dunkelheit in der Hoffnung, dass wir gleich einen der kleinen Kerle zu sehen bekommen. Und siehe da, auf einmal watschelt ein putziger Pinguin vom Dunkel des Meers in das fade Licht der Straßenlaternen. Es sieht so goldig aus, wie er mit seinem dicken Körper und den kleinen „Flügelchen“ Richtung Nest torkelt. An Land sind die Tiere jetzt nicht gerade grazil, aber dafür unglaublich süß. Wir sind total happy, denn wir sind gerade einmal zwei Meter von dem Pinguin entfernt und können alles sehr gut sehen. Und damit nicht genug. Nach und nach kommen noch viel mehr Pinguine aus dem Wasser. Manchmal alleine, manchmal in Gruppen. Sie suchen etwas orientierungslos ihre Nester, wo sie sich dann lautstark mit ihren Partnern unterhalten. Es ist ein toller Augenblick, ganz ohne großen Menschenandrang, unverschämte Eintrittspreise und Fotoverbot. Gut, Blitzlicht darf man verständlicherweise auch hier nicht verwenden, aber das macht nichts. Wir bekommen trotzdem das ein oder andere tolle Erinnerungsfoto hin.
Irgendwann wird es uns aber zu kalt und wir verkriechen uns wieder in unserem Camper. Was für ein schöner Tagesabschluss. Und das alles Dank dem Besuch im Streichelzoo. Läuft bei uns!
Nächste und letzte Station unserer Reise durch Neuseeland wird am kommenden Tag Christchurch sein. Da werden wir noch mal ein paar Tage bleiben, bevor es dann Richtung Australien geht.
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Impressionen aus Dunedin, Oamaru & Timaru:
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