Die Amantaní-Experience – Teil 1

1. September 2017

Der Wecker klingelt. Unsere Sachen sind gepackt und nach einem schnellen Frühstück geht es auch schon los. Wir nehmen nur unseren Tagesrucksack mit dem Nötigsten mit, der große Backpack bleibt im Hostel. Ein paar Minuten gedulden wir uns noch an der Rezeption. Dann werden wir endlich abgeholt und es geht Richtung Hafen. Das Boot wartet bereits und ist bis auf den letzten Platz belegt. Mit an Bord sind zwei Guides, die glücklicherweise auch Englisch sprechen.

Boot oder Bus? Könnte beides sein, ist aber ein Boot. Man beachte den stylischen Sonnenschutz ganz vorne!

Die erste Station unserer Fahrt sind die Uros Floating Islands (Schwimmende Inseln). Die Urus sind eine ethnische Gruppe Indigener, welche noch vereinzelt auf diesen Inseln leben. Es handelt sich hierbei um künstliche Inseln. Diese bestehen aus Schilf welches auf Erdblöcken in dicken Schichten übereinander gestapelt ist und die Inseln so auf dem Wasser schweben lässt.

Isla Purimita, eine der Floating Islands. Interessant, nett gemacht, aber für unseren Geschmack zu sehr darauf ausgelegt, dass die Touristen jede Menge Geld ausgeben.

Als wir dort ankommen stellen wir sofort eines fest: es ist sehr touristisch. Man hat das Gefühl dass die Menschen nicht mehr wirklich auf den Inseln leben sondern nur für Touristenzwecke alles inszeniert ist. Es gibt mehrere kleine Verkaufssände, an denen es nebenbei gesagt immer das gleiche gibt. Das ist sowieso ein Phänomen in Peru. Es gibt Märkte mit dutzenden Ständen und an jedem wird das Gleiche verkauft. Da hat man als Verkäufer richtig Glück, wenn man einen Stand am Eingang ergattert. Aber zurück zum Thema.

Es gibt einige Verkaufsstände die alle das komplett identische Sortiment haben.

Wenn man ein Foto von den Einheimischen machen will, bekommt man direkt die Hand hingestreckt. Ohne Geld kein Foto. Da wir aber sowieso nicht so drauf aus sind die sich zu Schau stellenden Menschen zu fotografieren, behalten wir unser Geld lieber für uns. Stattdessen schlendern wir ein bisschen über die kleine Insel und begutachten die Hütten, in denen die Menschen scheinbar wohnen. Kurze Zeit später sitzen alle aus unserer Gruppe auf aus Stroh geformten „Bänken“ im Kreis um unseren Guide herum. Er veranschaulicht uns zusammen mit einer Frau der Urus die Lebensweise und auch wie die Inseln entstanden sind. Es ist interessant, besonders was den Aufbau der Inseln angeht. Ca. 20 Jahre hält so eine Insel, dann muss eine neu gebaut werden.

Die Demonstration über das Leben auf den Floating Islands ist interessant und gibt Einblicke in den Alltag der Menschen dort.

Um uns herum sind viele Kinder die ohne Scheu ständig Kontakt zu den Touristen suchen. Viele sind noch zu klein um den ganzen Touristenwirbel zu verstehen und sind einfach völlig unbefangen und machen was sie wollen. So machen wir auch einen supersüßen Schnappschuss von einem kleinen Mädchen.

Die Kinder sind unbeschwert und spielen mit allem was sie in die Finger bekommen.

Kurz bevor es wieder auf das Boot geht lernen wir noch Conny kennen. Sie ist mit einer anderen Gruppe unterwegs. Wir kommen sofort mit ihr ins Gespräch und erfahren, dass sie aus München kommt. Auch ihre Gruppe ist auf dem Weg auf die Amantaní Insel um eine Nacht bei den Einheimischen zu verbringen. Wir verabschieden uns erstmal und sind uns sicher, dass wir uns nochmal sehen werden.

Weiter geht die Fahrt über den Titikakasee. Dieser ist enorm groß, um genau zu sein 18 Mal größer als der Bodensee. Das merkt man. Die Strecken die man mit dem Boot zurückliegen muss sind riesig. Es dauert fast 3 Stunden, bis wir auf Amantaní ankommen. Unterwegs erzählen uns die Guides viel über den See, die Inseln und bringen uns auch ein paar wichtige Sätze in der Sprache der Einheimischen bei. Diese sprechen nämlich Quechua, die Sprache der Inka. Leider hat diese Sprache überhaupt keine Ähnlichkeit mit Spanisch. Zum Glück bekommen wir einen Zettel mit den englischen und spanischen Übersetzungen. Das soll die Kommunikation mit der Familie erleichtern.

Als wir angekommen sind, laufen wir vom Bootssteg in Richtung Dorf, wo wir schon erwartet werden. Die Männer und Frauen tragen alle traditionelle Kleidung. In einem rotierenden System nehmen die Einheimischen jeden Tag eine Horde von Touristen bei sich auf. Wir werden einer Frau zugeteilt die uns freundlich aber auch sehr zurückhaltend begrüßt. Ein steiler und langer Weg führt zu dem Haus, wo wir von ihrem Mann und deren Sohn Reynaldo begrüßt werden.

Auf dem Weg zum Haus unserer Gasteltern. Unsere Gastmutter trägt die traditionelle Tracht der Insel.

Die Namen unserer Gasteltern haben wir leider nicht mehr im Kopf. Reynaldo ist neun und ein sehr aufgeweckter Junge. Er erzählt uns, dass er sich selbst ein bisschen Englisch in der Bibliothek um die Ecke beibringt. Mehr oder weniger… immerhin kann er zählen und kennt viele Obst- und Gemüsesorten auf Englisch.

Reynaldo, der Sohn der Familie. Sehr aufgeweckt und sehr an uns interessiert. Als wir ihm einen Apfel und eine Mandarine schenken, flippt er schier aus.

Das Haus besteht aus mehreren Gebäudeteilen, welche einen kleinen Innenhof umranden. Im unteren Stockwerk wohnen die Großeltern. Auf der gegenüberliegenden Seite ist die kleine Küche inklusive Esszimmer. Über eine Treppe gelangt man in den zweiten Stock. Dort befindet sich neben den beiden Gästezimmern auch das Schlafzimmer der Eltern, welches auch Reynaldos Zimmer ist. Im unteren Stock befindet sich auch das Bad und wir merken schnell: es ist ausschließlich für die Touristen errichtet worden. Es gibt keine Wasserversorgung, geschweige denn ein Abwassersystem. Somit kann man weder spülen, noch duschen oder sich die Hände waschen. Stattdessen steht neben der Toilette ein großer Eimer, der mit Wasser gefüllt ist und ein Messbecher. Damit spült man oder nutzt das Wasser alternativ um sich die Hände zu waschen. Unser Zimmer an sich besteht aus zwei Doppelbetten und einem Stuhl.

Die Menschen in Südamerika sind etwas kleiner und die Menschen auf Amantanì sind es noch mehr. Die Decke ist irgendwie ziemlich nah 😉

Kurz nachdem wir unser Zimmer bezogen haben gibt es Mittagessen. Als wir in die Essküche kommen sitzt die Mutter vor dem Herd auf einem Hocker und kocht. Wir nehmen Platz und bekommen zuerst eine Quinoasuppe, danach Kartoffeln, Gemüse sowie Käse. Dazu wird Muñia Tee getrunken, der vom Geschmack her an Pfefferminztee erinnert und uns sehr gut schmeckt. Er soll zudem gegen die Höhenkrankheit helfen. Finden wir gut. Vater und Sohn setzen sich zu uns. Die Mutter bleibt die ganze Zeit vor dem Herd sitzen. Die Rollen scheinen ganz traditionell verteilt zu sein.

Traditionelles Essen. Einfach aber lecker und sättigend.

Nach dem Essen haben wir ein bisschen Zeit für uns bzw. mit Reynaldo, der unsere Gesellschaft offensichtlich sehr zu genießen scheint und uns auf Schritt und Tritt verfolgt. Um 16 Uhr treffen sich dann alle an einem Sportplatz um gemeinsam auf einen Berg namens Pachtmama zu wandern. Es geht einen ziemlich steilen Weg hinauf. An den Seiten sind immer wieder Frauen oder Mädchen, die selbst gestrickte Ponchos, Pullis, Socken und auch Schmuck und Armbänder verkaufen wollen. Alle versuchen ihre Waren anzupreisen, was aber teilweise schon ein bisschen anstrengend ist. Wir können es aber verstehen, denn davon leben die Bewohner der Insel und das Geld das sie damit verdienen ist für ihren Alltag wichtig. Gerne würden wir immer mal wieder was kaufen, doch auf Dauer würde das die Reisekasse zu sehr belasten. Immer wieder halten wir an und unser Guide gibt uns Informationen zu der Insel und dem Leben hier.

Alle Menschen machen Fotos von dem Ausblick, wir machen Fotos von den Menschen. Oder zumindest von ihren Schatten. Und vom Ausblick. Multifunktionales Bild.

 

Panorama von der Spitze des Pachamama-Bergs.

Als wir endlich den Gipfel erreichen bietet sich ein wunderschöner Ausblick und wir erleben einen wunderbaren Sonnenuntergang. Wir bleiben eine Weile sitzen, genießen die Aussicht und als es dunkel wird gehen wir wieder Richtung Dorf.

Der Sonnenuntergang kann was.

 

Karen konnte nicht wiederstehen und hat sich einen Poncho gegönnt. Bei dem kalten Wind der hier oben geht, ist das eine sinnvolle Investition. Mal schauen was sie auf den Fischis damit macht 😉

 

Und da ist sie fast weg die Sonne. Sieht aber immer noch anständig episch aus.

Zurück am Sportplatz werden wir schon von Reynaldo und seinem Vater erwartet. Es gibt direkt bei unserer Ankunft Abendessen. Wieder sehr einfaches Essen. Es gibt in den meisten Häusern keine Kühlmöglichkeiten und daher auch kein Fleisch oder Fisch. Die meiste Zeit ernähren sich die Bewohner vegetarisch, was Karen natürlich sehr Recht ist. Es wird für das Essen einfach alles verwertet, was auf der Insel angebaut wird.

Am Abend steht eine Party für alle Touristen an. Wir werden von unserer Gastmutter traditionell eingekleidet. Ben bekommt einen Poncho und einen Mütze und Karen einen Rock, eine Bluse und ein langes schmales Tuch. Die Gastmutter bringt uns dann noch ein paar Tanzschritte bei. Die Einkleidung sieht dann so aus 🙂

Ein paar Minuten später geht es zusammen mit dem Vater runter in die Festhalle. Nach und nach füllt sich die Halle. Alle Touristen sind traditionell eingekleidet worden. Dann beginnt die Dorf-Band zu spielen. Es ist traditionelle Musik. Ohne Vorwarnung schnappt uns unser Gastvater und tanzt mit uns. Wir halten uns an den Händen und schwingen durch die Gegend, drehen uns, mal schneller, mal langsamer.

Wir sind irgendwann ganz schön außer Atem, aber es macht Spaß. Immer wieder tanzen wir. Die Stimmung steigt und schließlich halten sich alle an den Händen und es geht wild durch den ganzen Saal. Wir treffen auch Conny wieder und schießen direkt ein Foto mit ihr.

Da sind wir in unseren Trachten. Die Jeans und die Weste darf man sich bei Karen noch wegdenken und normalerweise trägt man auch keine Turnschuhe. Aber wir sind halt Trendsetter!

 

Unser (leider etwas unscharfes) Selfie mit Conny, die wir während der Amantaní-Experience kennengelernt haben. Sehr nett!

Bei uns macht sich aber auch bald die Müdigkeit breit und auch unser Gastvater sieht nicht mehr wirklich motiviert aus. So machen wir uns auf den Rückweg und sind auf die Nacht gespannt und natürlich auf den nächsten Tag, an dem wir dann die zweite Insel, mit dem Namen Taquile, besuchen.

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Impressionen unserer Amantanì:

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